Bewag / Vattenfall

Bewag / Vattenfall

Berlin, Brandenburger Tor: Nach langwierigen Sanierungsarbeiten hinter einer Gerüstplane sollte das Tor im Jahr 2003 zum Fest der Deutschen Einheit feierlich enthüllt werden. Für die verbleibenden Wochen sollte für die prominente Werbefläche ein Konzept gefunden werden, das es mit dem vormaligen Dauersponsor Deutsche Telekom aufnehmen konnte.

Meine Idee, hochkarätige Kunstwerke eigens für diesen Anlass entwerfen zu lassen, kam gut an und wurde beauftragt. Eine mutige Entscheidung – denn zum einen blieb wenig Zeit für die Vorbereitung, zu anderen war unklar welche Künstler gewonnen werden könnten. Und welche Inhalte ihnen zu diesem symbolträchtigen Ort einfallen würden. Spannende Wochen begannen.

Mit Daniel Birnbaum konnten wir bald einen Kurator von Rang verpflichten, der zwei namhafte Künstler ins Spiel brachte: Thomas Bayrle und Michel Majerus. Dass auf die Kreation der freien Arbeiten kein Einfluss genommen wurde, war Ehrensache, doch die Nervosität bei den Vorständen wuchs. Unterdessen beschäftigten wir uns fieberhaft mit Windlasten, Gaze-Drucktechniken und Fluchtwegen für den das Tor passierenden Berlin-Marathon.

Majerus war in Marokko in der Wüste und schwer erreichbar. Doch er lieferte einen grandiosen Entwurf. Sein Fassadenfoto vom »Sozialpalast«, einer berühmten Berliner Mietskaserne, war für den noblen Pariser Platz ein völlig ungewohnter Anblick und ein scharfer Kontrast. Kaum weniger irritierend geriet Bayrles Gestaltung der Westseite, der die Autos entlang der Sichtachse des 17. Juni kilometerweit entgegen fuhren. Ein wuchtiges Autobahngeflecht, um 90 Grad nach oben geklappt, setzte einen starken Akzent – man denke an die Diskussion um eine Durchfahrbarkeit des Brandenburger Tors für den Autoverkehr, für die die CDU sich stark gemacht hatte.

Am Ende war die Aktion ein Riesenerfolg, der in der Presse weithin Beachtung fand. Die Kunst hatte etwas geschafft, was kommerzielle Werbung nicht zustande gebracht hätte: Der lokale Stromversorger hatte Teil am Diskurs über die Veränderung der Stadt.

Übrigens: Die Aktion und die folgende Enthüllung des Tores durch den Sponsor Vattenfall wurden im Folgejahr mit dem EVA-Award in silber ausgezeichnet.

Für die Agentur Brandt & de Gelmini
Fotos: Oliver Keinath, Roundshot.de

 

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